fragt grinsend der ukrainische Grenzbeamte, nimmt den sorgfältig gestempelten Zettel mit der kyrillischen Notiz „Landrover, 2 Personen“ entgegen und schon sind wir in der Ukraine. Ну-ну давай!

Das Ziel unserer Mini-Expedition beschlossen wir am Vorabend. Statt dem zunächst anvisierten Bella Italia sollte es die wilde Ukraine werden, ein Land wo Bären, Wölfe und Bisons die Wälder durchstreifen, wildes Campen mit Lagerfeuer problemlos möglich ist und in dem ABU erstmals seine Offroad-Fähigkeiten auf tollen Strecken in und außerhalb von Nationalparks unter Beweis stellen könnte.

Kurz: der letzte Flecken Abenteuer in Europa. Genau die richtige Destination für unseren Test-Trip vor unserem großen Abenteuer!


ABU ist noch nicht ganz vollständig, das neue Kunststoffseil unserer Seilwinde ist noch auf dem Transportweg. Doch wir bleiben mit der Ukraine ja in der Nähe. Und wir kommen uns schon mit den montierten neuen Sandblechen überausgestattet vor. Auf der Autobahn in Polen. Dies sollte sich jedoch rasch ändern!

Denn in der letzten Woche hatte es stark geregnet. Das und Lehmwege durch Wald und Wiesen verspricht eine interessante Kombination zu werden. Die Grenzen von ABU sind dann auch recht rasch erreicht. Eine tiefe Schlammpfütze hält ihn in seiner Gewahr und lässt ihn und uns nicht mehr los. Also Gummistiefel an, Schaufel raus, Sandbleche runter und Hi-Lift zum Einsatz. Die Bergeaktion ist anstrengend und bringt einige überraschende Erkenntnisse für uns: Sandbleche verbiegen sich unglaublich leicht und sind in Lehmpfützen festgefahren richtig schwer zu bergen. Und Gummistiefel sind in einer solchen Situation Goldes wert – außer für denjenigen, der sich für die halbhohe Stiefelvariante entschieden hatte und deshalb jetzt trotzdem nasse Füße hat …

Letztendlich schaffen wir es raus. Alles ist nun nass und dreckig, aber immerhin wissen wir jetzt ein bisschen mehr über die Grenzen unseres Materials.

Doch nicht nur ABU will getestet werden, auch die Offroad-Navigation abseits von Google kommt zum Einsatz. Mit Soviet Military Maps und OSM schlagen wir uns ohne Internet durchs Land und lernen die Bedeutung von braun markierten Fahrwegen (aka Congo-Trainingspiste) kennen und fürchten.

Offroad beginnt in der Ukraine übrigens an der Grenze. Denn die Lochpiste mit Teerresten ist zwar auf der Karte eine internationale Hauptverkehrsroute, Asphaltierungsarbeiten dürften hier wohl aber zuletzt in den Anfangsjahren der Sowjetunion stattgefunden haben. Aber ein bisschen hatten wir das ja auch gesucht. Wo sonst in Europa könnte man sich authentischer auf die Straßen Afrikas vorbereiten? 😉

Dazu begeistert die Westukraine mit unglaublich herzlichen Menschen. Als Österreicher sind wir ohnehin eine willkommene Erinnerung an die gelobte Habsburger-Zeit. Donetsk scheint weit weg. Dennoch werden wir häufig gefragt, was denn in Österreich so über den Konflikt berichtet wird. Auch von hier werden die jungen Burschen in den Krieg geschickt. Ich habe fast ein schlechtes Gewissen, mich hier nur auf Russisch und nicht Ukrainisch verständigen zu können, doch das nimmt mir niemand übel.

Fantastisch sind auch die zahlreichen Möglichkeiten zum wild Campen. Lagerfeuerromantik und Grillen am offenen Feuer inklusive. Wir folgen damit übrigens den lokalen Gepflogenheiten. Denn jeder Hirte sitzt hier stets vorm Lagerfeuer. Das soll auch die wilden Tiere abhalten, die die Wälder der Karpaten unsicher machen. Immerhin sind wir in Europas letztem Bärengebiet. Doch gewarnt werden wir von den Einheimischen vor dem Luchs. Wirklich? Einem Kätzchen?

A propos Bären: im Synevyr-Nationapark betreiben engagierte Einheimische ein tolles Bären-Rehabilitationszentrum. Schlecht behandelte Bären aus aller Welt (vom alten Zirkusbären bis zum dreimonatigen Bärenjungen, das in einem reichen Haushalt in den Emiraten hätte landen sollen) werden hier in einem 12 Hektar großen Waldstück versorgt. Man erfährt sogar den Lebenslauf und Speiseplan jedes einzelnen Bären.

Wir sind begeistert über so viel Initiative für den Schutz dieser eindrucksvollen Tiere und auch die lokale Bevölkerung ist offensichtlich stolz auf das Zentrum. Schade nur, dass manche Bären ihre leidvolle Vergangenheit auch hier nicht mehr los werden können. Wie der riesige ehemalige Tanzbär, der seit zwei Jahren nicht aufhören kann permanent zu tanzen… Einfach traurig 😦

Schließlich finden wir in Rachiw beim Karpaten-Nationalpark noch die geografischen Mitte Europas. Zumindest hatten dies die Habsburger 1887 festgelegt. Heute werden hier lokaler Honig und andere Souvenirs verkauft. Unser Kühlschrank ist auf der Heimreise voller als auf der Hinreise. Heidelbeeren, Steinpilze und Honig sind nur einige der Köstlichkeiten, die wir zuladen.

Insgesamt hat uns die Westukraine extrem positiv überrascht und begeistert. Und so steht unser Entschluss, nach unserer Rückkehr vom großen Abenteuer noch einmal in den Karpaten-Nationalpark zu fahren, bereits fest. In diesem Sinne: До скорого Украина!